Vorsorgevollmacht

Wozu eine Vorsorgevollmacht?

  • Sie bestimmen damit selbst, welche Vertrauensperson Ihre Angelegenheiten bei Krankheit, Unfall oder Abwesenheit wahrnimmt.
  • Sie legen selber den Umfang der Vollmacht und die weiteren Befugnisse des Bevollmächtigten rechtsverbindlich fest.
  • Im Vorsorgefall wird hierdurch die gerichtliche Anordnung eines Betreuers vermieden.

Gute Vorsorgevollmachten können alles dieses und noch viel mehr. Errichten Sie eine Vorsorgevollmacht, schützen Sie sich und Ihre Familie.

Begriff der „Vorsorgevollmacht“

Eine „Vorsorgevollmacht“ ist eine Vollmacht. Eine Vollmacht bewirkt, dass der Bevollmächtigte im Namen des Vollmachtgebers handeln kann und die Rechtsfolgen unmittelbar den Vollmachtgeber treffen. Eine „Vorsorgevollmacht“ ist ein Sonderfall einer Vollmacht: Die Vorsorgevollmacht ist eine Vollmacht, die für einen Vorsorgefall erteilt wird, also für den Notfall (Krankheit, Unfall). Der Begriff „Vorsorgevollmacht“ ändert also nichts daran, dass es sich um eine Vollmacht handelt. Sie hat jedoch einen bestimmten Zweck und Anlass. Zudem regelt eine „Vorsorgevollmacht“ häufiger als andere Vollmachten den Bereich der persönlichen bzw. medizinischen Angelegenheiten.

Gesetzlich geregelt ist die Vollmacht in §§ 164 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (im Folgenden kurz: BGB). Der „Vorsorgefall“ und damit wichtige Aspekte einer Vorsorgevollmacht sind in §§ 1896 ff. BGB bzw. ab dem 01.01.2023 in §§ 1814 ff. BGB geregelt. Dort findet sich auch der Anlass und die Ausgangssituation vieler Vorsorgevollmachten – die rechtliche Betreuung. Diese wird vom Staat organisiert, wenn ein Volljähriger aufgrund einer Krankheit oder Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen kann (§ 1896 Abs. 1 BGB). Zugleich eröffnet das Gesetz die Möglichkeit, eine solche Betreuung zu vermeiden, indem eine Bevollmächtigung erfolgt, also eine Vollmacht erteilt wird, die von daher „Vorsorgevollmacht“ genannt wird. Der Gesetzeswortlaut hierzu ist Folgender (wiedergegeben werden Auszüge aus § 1896 Abs. 1 und 2 BGB):

„Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer.

Die Betreuung ist nicht erforderlich, soweit die Angelegenheiten des Volljährigen durch einen Bevollmächtigten … ebenso gut wie durch einen Betreuer besorgt werden können.“

Erforderlich hierfür ist eine Vollmacht. Kraft dieser Vollmacht kann der Bevollmächtigte im Rechtsverkehr für den Vollmachtgeber auftreten und für ihn Erklärungen abgeben und entgegennehmen. Die Vollmacht kann für Vermögensangelegenheiten und persönliche Angelegenheiten erteilt werden.

Die Ausgestaltung der Vollmacht kann dabei in vielerlei Weise erfolgen: Sie kann isoliert für einzelne Geschäfte erteilt werden (sog. „Spezialvollmacht“) oder umfassend als „Generalvollmacht“ für sämtliche Vermögens- und persönlichen Angelegenheiten. Es ist daher detailliert zu überdenken, welcher Umfang der Bevollmächtigung gewünscht ist.

Die Vielfalt der möglichen Ausgestaltungen einer Vorsorgevollmacht sowie der damit verbundenen Vor- und Nachteile sollten vor der Vollmachtserteilung gründlich abgewogen und überdacht werden.

Vor- und Nachteile einer Vorsorgevollmacht – was tun?

Jeder Mensch hat für sich zu entscheiden, ob er eine Vorsorgevollmacht errichten möchte oder nicht. Auch der Umfang der Vollmacht und deren Ausgestaltung kann ein jeder für sich entscheiden. Nachfolgend werden die Vor- und Nachteile einer Vorsorgevollmacht aufgezeigt.

Zu den Vorteilen einer Vorsorgevollmacht gehört Folgendes:

  • Praktikabilität: Die Vollmacht kann sofort eingesetzt werden. Es bedarf keines Antrages auf Betreuung beim Betreuungsgericht, keiner Gerichtsentscheidung usw. Schon bei leichter Erkrankung, Urlaub oder sonstigem Wunsch, vertreten zu werden, kann mit der Vorsorgevollmacht gehandelt werden.
  • Flexibilität: Der Bevollmächtigte kann zumeist freier handeln, er unterliegt keiner gerichtlichen Aufsicht. Oft wird in der Kernfamilie bevorzugt, sich gegenseitig, möglichst unkompliziert und ohne Einbindung staatlicher Stellen zu helfen und zu vertreten.
  • Eigene Bestimmung des Vertreters: Der Vollmachtgeber kann selber entscheiden, wer ihn vertritt. Es wird vermieden, dass vom Betreuungsgericht ein Betreuer ausgewählt wird, der selber nicht ausgewählt werden würde und der dann Einsicht in private Angelegenheiten erlangt.
  • Eigene Bestimmung des Umfangs der Vertretungsmacht: Der Vollmachtgeber kann selber entscheiden, wofür die Vollmacht erteilt wird und wofür nicht.
  • Eigene Bestimmung von schützenden Regelungen: In einer Vorsorgevollmacht kann die Vertretungsmacht an vielen Stellen anders als bei einer gesetzlichen Betreuung geregelt werden. Der Vollmachtgeber kann also selber entscheiden, wieviel Freiheit er dem Bevollmächtigten gibt und wieviel Schutz er für sich selber wünscht.

Zu den Nachteilen einer Vorsorgevollmacht gehört Folgendes:

  • Eine staatliche Betreuung erfolgt erst, wenn der Notfall eingetreten ist. Dagegen gelten eine Vollmacht und auch die Vorsorgevollmacht zumeist sofort (so auch der beiliegende Entwurf, näheres zu den Gründen hierfür unten). Eine Vorsorgevollmacht schafft damit die Gefahr, in einer Phase verwendet zu werden, in der dies noch nicht gewünscht ist. Damit erhöht sich die Gefahr eines Missbrauches der Vollmacht.
  • Ein Betreuer darf nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist (§ 1896 BGB). Eine Vollmacht wird oftmals darüber hinaus rein vorsorglich für viele weitere Angelegenheiten erteilt, sie ist also von ihrer Natur her meist „zu weit“ und schafft insoweit Missbrauchsmöglichkeiten.
  • Im Betreuungsverfahren überwacht das Betreuungsgericht den Betreuer. Er muss Rechnung legen und bei besonderen Angelegenheiten zuvor die Zustimmung des Betreuungsgerichtes einholen. Ein Bevollmächtigter wird dagegen zumeist nicht überwacht (sofern dies nicht der Vollmachtgeber oder ein von ihm eingesetzter Kontrollbevollmächtigter tut oder nach dem Ableben des Vollmachtgebers die Erben).

Es gibt viele weitere Vor- und Nachteile. Alle aufzuzählen, würde zu weit führen, da dazu jede einzelne gesetzliche Regelung auf ihre Vor- und Nachteile hin zu betrachten wäre – und jeder Lebenssachverhalt bei Ihnen. Wer abschließend alle Aspekte kennenlernen und würdigen möchte, möge dies in einer individuellen rechtlichen Beratung vollziehen, die als sicherster Weg angeraten bleibt.

Entscheidung – sollte man eine Vorsorgevollmacht errichten oder nicht?

Die Entscheidung für oder gegen eine Vollmacht ist eine persönliche Entscheidung, die jeder für sich trifft. Wer eine Vollmacht errichtet, erlangt deren Vorteile und nimmt deren Nachteile in Kauf. Wer eine Vollmacht nicht errichtet, erlangt im Betreuungsfalle die Vorteile einer Betreuung und muss deren Nachteile akzeptieren.

Die Abwägung der Vor- und Nachteile kann dazu führen, eine umfassende Vorsorgevollmacht für sich zu wünschen oder eine Vollmachtserteilung völlig abzulehnen. Dies sollten jedoch nicht die einzig möglichen Schlussfolgerungen sein, es gibt auch Mittelwege:

Die Vor- und Nachteile können auch dazu führen, eine Vorsorgevollmacht genau so auszugestalten, dass deren Vorteile erlangt und die Nachteile vermieden werden. Beispielsweise kann die Vollmacht auf bestimmte Angelegenheiten beschränkt werden (Spezialvollmacht) oder bestimmte Angelegenheiten können von einer ansonsten sehr weiten Generalvollmacht ausgeklammert werden. Auch können für verschiedene Angelegenheiten verschiedene Personen zu Vertretern bestellt oder mehrere Bevollmächtigte derart bestimmt werden, dass sie nur gemeinschaftlich handeln dürfen. Viele weitere Schutzmaßnahmen sind möglich und viele weitere Entscheidungsmöglichkeiten werden nachfolgend in den weiteren Erläuterungen aufgeführt.

Wer abschließend alle Aspekte kennenlernen und würdigen möchte, möge dies in einer individuellen rechtlichen Beratung vollziehen, die als sicherster Weg angeraten bleibt.

Letztlich bleibt dann aber die eigene Entscheidung über das „Ob“ und das „Wie“ einer Vorsorgevollmacht. Eine pauschale Empfehlung für jedermann ist angesichts der Vielgestaltigkeit unseres Lebens nicht möglich.

Inhalte einer Vorsorgevollmacht – wofür gilt sie und wofür nicht?

Jeder, der eine Vollmacht errichtet, kann entscheiden, wofür diese gilt. Eine Vollmacht kann für einzelne Angelegenheiten errichtet werden („Spezialvollmacht“) oder für möglichst viele Angelegenheiten („Generalvollmacht“). Dies gilt auch für Vorsorgevollmachten, die sich auf einzelnes oder auf alles erstrecken können.

Nachfolgend werden die oftmals gewünschten Inhalte einer Vorsorgevollmacht kurz vorgestellt. Hierbei wird unterschieden in zwei große Bereiche – die persönlichen Angelegenheiten und die Vermögensangelegenheiten.

Zunächst zu den persönlichen Angelegenheiten (dies sind überwiegend medizinische Angelegenheiten):

  • Im Mittelpunkt der persönlichen Angelegenheiten steht zumeist die Wahrnehmung aller Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge, insbesondere die Einwilligung in Untersuchungen des Gesundheitszustandes, Operationen und sonstige ärztliche Behandlungen oder Eingriffe. Der Vertreter soll mit Ärzten und Pflegekräften sowie mit Krankenhäusern und Pflegeheimen sprechen und Entscheidungen treffen. Für diese Angelegenheiten gibt es mehrere wichtige gesetzliche Regelungen, die zu beachten sind und daher gesondert – im nachfolgenden Kapitel – dargestellt werden.
  • Neben der ärztlichen Behandlung und Pflege ist oftmals die Auswahl des Krankenhauses, des Pflegeheimes und damit insgesamt die Bestimmung des Aufenthalts Gegenstand einer Vorsorgevollmacht. Die Entscheidung hierüber kann dem Bevollmächtigten anheimgestellt werden. Hierzu gehört auch die Entscheidung über den Wohnsitz und eine Pflege in entweder einer Einrichtung oder eine häusliche Pflege und die Entscheidung über einen Aufenthalt in einem Hospiz. Soweit über freiheitsbeschränkende Maßnahmen (auch über Bettgitter, Gurte oder Psychopharmaka) zu entscheiden ist, gelten wiederum Regelungen im Betreuungsrecht, die gesondert – im nachfolgenden Kapitel – dargestellt werden.
  • Dem Bevollmächtigten kann auch die Entscheidung über den Umgang anvertraut werden – wer darf Sie besuchen, wer nicht? Im besten Falle schützt Sie diese Regelungen (unerwünschte Besucher werden von Ihnen ferngehalten), im Missbrauchsfalle werden auch erwünschte Besucher vom Bevollmächtigten zurückgewiesen.
  • Wer eine Patientenverfügung, also eine Anweisung an die Ärzte bzgl. der Behandlung oder eines Behand­lungsabbruches, errichtet hat bzw. noch errichtet, benötigt ggf. auch jemanden, der diese durchsetzt – z.B. gegenüber Ärzten oder einem Krankenhaus, welches die Patientenverfügung nicht befolgt. Eine Vorsorgevollmacht sollte daher klarstellen, ob sie auch die Verfolgung des in der Patientenve­r­fügung festgelegten Willens umfassen soll.
  • Auch zur Entscheidung über die Bestattung und die Bestattungs-/ Trauerfeierlichkeiten kann ein Vertreter bevollmächtigt werden. Weitere Themen sind die Entscheidung über den Fernmeldeverkehr, die Entgegennahme, das Anhalten und das Öffnen der Post des Vollmachtgebers und die Entgegennahme von Wahlunterlagen.

Sodann zu den Vermögensangelegenheiten. Der Bevollmächtigte kann in einzelnen oder allen Vermögensangelegenheiten bevollmächtigt werden. Einige Beispiele:

  • Bank- und Versicherungsangelegenheiten,
  • Steuer-, Renten- und Sozialangelegenheiten,
  • Grundstücksangelegenheiten,
  • Mietangelegenheiten,
  • Gesellschaftsangelegenheiten,
  • Abgabe und Entgegennahme von Erklärungen jeder Art,
  • Vertragsabschlüsse jeglicher Art,
  • Eingehen von Verbindlichkeiten einschließlich Abschluss von Darlehensverträgen aller Art,
  • Erklärung einer dinglichen Zwangsvollstreckungsunterwerfung,
  • Vereinbarungen mit Kliniken, Alters- und Pflegeheimen,
  • Auflösung des Haushalts des Vollmachtgebers,
  • Erbangelegenheiten aller Art,
  • gerichtliche und außergerichtliche Vertretung und
  • sonstige Vermögensangelegenheiten.

Sofern die Vollmacht für möglichst viele Bereiche gewünscht wird, enthält diese auch Bereiche, für die umstritten ist, ob sie durch Vollmacht einem anderen überlassen werden können (z.B. Ausschlagung einer Erbschaft durch den Bevollmächtigten für den Vollmachtgeber). Auch werden Generalklauseln genutzt, die über die aufgezählten Inhalte hinaus auch alle weiteren persönlichen Angelegenheiten / Vermögensangelegenheiten in die Bevollmächtigung einbeziehen, falls nicht ausdrücklich eine Spezialvollmacht gewünscht ist.

Einschränkungen der Vollmacht: In einer Vollmacht kann auch bestimmt werden, wofür sie nicht gilt. Auch bei einem Interesse an einer sehr weiten Voll­macht sollten solche Inhalte von ihr ausgenommen werden, in denen der Bevollmächtigte nicht tätig werden soll. Einige Beispiele zu in der Praxis mitunter ausgenommenen Angelegenheiten:

  • Verfügungen über Grundbesitz (wie dessen Übertragung oder Belastung) sowie Grundgeschäfte insoweit (wie Verkauf, Tausch oder Schenkung).
  • Kündigung oder Aufhebung eines Mietvertrages einer vom Vollmachtgeber gemieteten Wohnung.
  • Inanspruchnahme von Krediten und Dispositionskrediten der Girokonten des Vollmachtgebers für ihn oder in seinem Namen.
  • Spekulationsgeschäfte mit Wertpapieren, Termingeschäfte mit Wertpapieren und andere spekulative Finanzinstrumente.
  • Eingehung von Bürgschaften im Namen des Vollmachtgebers.
  • Unentgeltliche Zuwendungen und sonstige unentgeltliche Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte, wobei z.B. Anstandsgeschenke, die nach den Lebensverhältnissen des Vollmachtgebers üblich sind, im Falle einer Pflege bei Krankheit oder Alter auch solche an das Pflegepersonal und sonstige unterstützende Personen von dieser Beschränkung ausgenommen werden können und damit dem Vertreter erlaubt bleiben.

Daneben können individuelle Wünsche bestehen, was von der Vollmacht ausgenommen sein soll (z.B. die Weggabe / Veräußerung eines Haustieres, Autos / Oldtimers / Bootes, einer Sammlung, einer bestimmten Immobilie oder bestimmter Gesellschaftsanteile u.v.m.). Dies ist gewünschtenfalls individuell einzugeben.

Der Umfang der Vollmacht sollte individuell sehr sorgfältig bedacht sein. Je mehr die Vollmacht umfasst, umso mehr kann fehlgehen, also vom Bevollmächtigten versehentlich oder missbräuchlich gegen die eigentlichen Wünsche des Vollmachtgebers vollzogen werden. Je weniger die Vollmacht umfasst, umso weniger kann der Bevollmächtigte die Wünsche des Vollmachtgebers erfüllen und umso eher kann wg. solcher Lücken eine Betreuung erforderlich werden.

Es wird – als sicherster Weg – geraten, die Vollmacht nur für die Angelegenheiten zu erteilen, für die sie gewünscht oder erforderlich wird. Andere Angelegenheiten sollten ausdrücklich ausgenommen werden. Zudem sollte, wenn weiterer Schutz erwünscht ist, eine Vertretung nur durch mehrere Bevollmächtigte gemeinschaftlich angeordnet und erlaubt werden. Zudem können für verschiedene Bereiche (wie z.B. Persönliche Angelegenheiten / Vermögensangelegenheiten) auch verschiedene Personen bevollmächtigt werden.